Begrenzung wissenschaftlicher Fragen im Hinblick auf die Dauer eines Fokussierungsprogramms
Die zentralen Forschungsbedürfnisse für die thermochemische Energieumwandlung wasserstoffhaltiger Brennstoffe ergeben sich in den Bereichen Stabilität/Sicherheit und Emissionen/Effizienz. Die wissenschaftlichen Fragen umfassen Phänomene, die sowohl auf Laborebene als auch auf Systemebene der Verbrennung gleichermaßen auftreten und berücksichtigt werden müssen. Additive Fertigung (AM) unterstützt auf jeder Ebene durch innovative Fertigungsmöglichkeiten.
Nachfolgend sind einige relevante wissenschaftliche Fragen und die zugehörigen Forschungsfelder (RF) aufgeführt, wobei die Bereiche AM, Systemebene und Laborebene der Verbrennung farblich hervorgehoben sind. Wenn nicht ausdrücklich erwähnt, umfassen alle wissenschaftlichen Fragen die Themen Prozessoptimierung und Brennstoffflexibilität und erfordern Untersuchungen zu Mischungen von Wasserstoff, Ammoniak und/oder Kohlenwasserstoffen. Eine intrinsische Kopplung aller Verbrennungslabor- und Systemebenen mit AM wird im SPP2419 HyCAM angestrebt. Zahlreiche wissenschaftliche Fragen, die für praktische Anwendungen relevant sind, können von der Verbrennungssystemebene auf die zugrunde liegende Laborebene abstrahiert und eingehender untersucht werden. Die speziellen Anforderungen für die Herstellung maßgeschneiderter Komponenten, die durch konventionelle Herstellungsprozesse begrenzt sind, können an AM weitergegeben werden, das dann optimierte Lösungen auf sowohl Labor- als auch Systemebene bieten kann. Erkenntnisse auf Laborebene können genutzt werden, um das Zusammenspiel verschiedener Phänomene zu verstehen und anschließend technologische Innovationen auf Systemebene umzusetzen.
RF1: Zünd- und Auslöschprozesse, laminare Brenngeschwindigkeiten und Flammendaten
Wasserstoffhaltige Gemische sind leicht entzündbar und haben hohe Brenngeschwindigkeiten, was die Vorzündung fördert, aber die Flammenstabilität und das Abblasen erheblich beeinflusst. Die genaue Messung dieser grundlegenden Flammengrößen ist für die Gestaltung zahlreicher Systeme von großer Bedeutung. Messungen der Zündverzögerungszeiten, der minimalen Zündenergie, der laminaren Brenngeschwindigkeit und der Verteilung chemischer Komponenten in Flammen (innere Flammenstruktur) dienen der Validierung chemischer Reaktionsmechanismen in RF2 und werden auch als Parameter zur Modellierung komplexerer Systeme in RF5 und RF6 sowie für topologisch optimierte Designs und Materialien in RF7 verwendet. Darüber hinaus sollte die Entwicklung neuer diagnostischer Techniken oder Sensoren hier vorangetrieben werden. Zum Beispiel ist die Messung von langsamen Brenngeschwindigkeiten und kritischen Dehnungsraten von Ammoniakflammen zur Bewertung des Risikos von Flammenabblasungen und lokaler Auslöschung herausfordernd, da etablierte Methoden aufgrund von Strahlungseffekten und Auftriebseffekten nicht angewendet werden können. Auch die Flammenerkennung erfordert neue Entwicklungen, da Wasserstoffflammen sehr geringe Flammenleuchtkraft haben und kaum Ionen erzeugen. Um die Diagnostik weiterzuentwickeln, trägt AM individuell angepasste, maßgeschneiderte Komponenten bei, die beispielsweise die Untersuchung von Flammen in situ durch Brenner mit integrierten Sensoren oder Gassammelkanälen aus RF9 ermöglichen oder die Bestimmung von chemischen Zusammensetzungen an verschiedenen Punkten des Brenners ermöglichen.
RF2: Reaktionsmechanismen unter Berücksichtigung der Schadstoffbildung
Geeignete Reaktionsmechanismen für Wasserstoff-/Ammoniak-/Kohlenwasserstoffgemische sind für die Analyse und Modellierung aller Verbrennungsprozesse erforderlich. Dazu gehören auch Untersuchungen zu den Transportdaten von wasserstoffhaltigen Brennstoffen, die eine wichtige Rolle bei vielen makroskopischen Phänomenen spielen und bisher nicht ausreichend quantifiziert wurden. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Reaktionskinetik der Ammoniakverbrennung und der Schadstoffbildung, insbesondere der Stickoxidbildung. Reaktionsraten einzelner wichtiger Reaktionen werden mithilfe quantenchemischer Simulationen oder gezielter Experimente bestimmt. Durch die Integration von RF7, RF8 und RF9 werden die experimentellen Einrichtungen unter Verwendung von AM verbessert, wodurch Unsicherheiten reduziert werden. Die Reaktionsmechanismen werden mit den Daten aus RF1 validiert und dienen auch als Eingabe für die Modellierung der gemessenen Größen. Reduzierte Reaktionsmechanismen mit ausreichender Genauigkeit sollten für den Einsatz in den anderen RFs bereitgestellt werden. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung von Reaktionsmechanismen für Bedingungen bei erhöhtem Druck.
RF3: Flammeninstabilitäten, Instabilitäts-/Turbulenzinteraktion
RF3 zielt darauf ab, die Mechanismen von intrinsischen Instabilitäten zu untersuchen, die bei wasserstoffhaltigen Brennstoffen in Abhängigkeit von der Gemischzusammensetzung (Brennstoffflexibilität) unter erhöhtem Druck und in Wechselwirkung mit turbulenten Strömungen stark ausgeprägt sind. Letztere Aspekte beschreiben typische Bedingungen in Gasturbinen oder Industriebrennern, deren Einfluss auf Instabilitäten noch nicht verstanden ist. Ein Teil von RF3 besteht darin, vorhersagende Simulationsmodelle, dimensionslose Stabilitätskarten und Entwurfsregeln für RF4, RF5 und RF6 zu entwickeln und zu validieren. Hier können die Sensoren aus RF9 in Experimenten auf Laborebene integriert werden, um relevante Daten für Untersuchungen und Validierung von Simulationen zu erhalten. Die hier gewonnenen grundlegenden physikalischen Erkenntnisse können für den inversen Brennerentwurf in RF7 verwendet werden.
RF4: Instabilitäts-/Turbulenzinteraktion hinsichtlich der Schadstoffbildung in turbulenten Flammen
RF4 zielt darauf ab, zuverlässige Vorhersagemodelle für Großwirbelströmungen basierend auf validierten experimentellen Daten zur Vorhersage von Schadstoffen und Methoden zur Schadstoffreduzierung zu entwickeln. Die Bildung von Schadstoffen wie NOx und CO wird maßgeblich durch die Wechselwirkung relevanter chemischer Reaktionen mit dem lokalen Strömungsfeld bestimmt, insbesondere durch die Bildung von Heißpunkten aufgrund intrinsischer Flammeninstabilitäten, was zu einer erhöhten NOx-Bildung führt. Da die Kopplung von Schadstoffbildungsreaktionen mit intrinsischen Flammeninstabilitäten und turbulenten Strömungen äußerst komplex und noch nicht ausreichend erforscht ist, sollen diese Zusammenhänge in enger Zusammenarbeit mit RF3 untersucht werden. Die hier entwickelten Vorhersagemodelle werden für den Entwurf und die topologische Optimierung in RF7 verwendet.
RF5: Prozesssteuerung unter Berücksichtigung sicherheitsrelevanter Aspekte
RF5 zielt darauf ab, neue Methoden und Erkenntnisse zu entwickeln, um Phänomene wie Flammenrückschlag, Flammenabblasung und Vorzündung frühzeitig zu verhindern oder zu erkennen, um die sichere Verwendung wasserstoffhaltiger Brennstoffe mit unterschiedlichem Wasserstoffgehalt (Brennstoffflexibilität) zu gewährleisten. Erkenntnisse aus RF1 und RF2 sind für die wissensbasierte Entwicklung solcher Methoden erforderlich. Darüber hinaus sollten Verbesserungen bei der Diagnostik aus RF1 und integrierten Sensoren aus RF9 adressiert werden. Innerhalb von RF5 sollten Konzepte für AM-kompatible Brennerdesigns zur Unterdrückung der genannten unerwünschten Phänomene unter Verwendung der fertigungsspezifischen Gestaltungsfreiheiten in Zusammenarbeit mit RF7 ebenfalls entwickelt werden. Durch gezielte Modifikation der Oberflächenstruktur durch die Einführung von Mikrostrukturen kann beispielsweise ein Flammenrückschlag verhindert und das Strömungsverhalten des Brennstoffgemischs beeinflusst werden. Das Forschungsfeld der Thermoakustikinstabilitäten, das auch für Gasturbinen eine hohe Sicherheitsrelevanz hat, soll aufgrund der zahlreichen anderen Fragen in diesem SPP nicht behandelt werden.
RF6: Prozesssteuerung unter Berücksichtigung der Schadstoffbildung und Effizienzsteigerung
Stöchiometrische Wasserstoffflammen haben eine höhere adiabatische Flammentemperatur als stöchiometrische Erdgasflammen, was zu einer signifikanten Zunahme der Stickoxidemissionen führt. Darüber hinaus ist die Bildung von CO-Emissionen für Gemische mit Kohlenwasserstoffen noch nicht ausreichend verstanden. Daher sollen in RF6 die Grundlagen für geeignete Verbrennungskonzepte zur Schadstoffreduktion festgelegt werden. Dazu gehören verschiedene Verbrennungsprozesse wie vorgemischt, teilweise vorgemischt, nicht vorgemischt oder gestuft, magerbrennende Konzepte, die Entwicklung und Anpassung von Brenner- und Brennkammergeometrien sowie die Einführung von Kühlkanälen. Insbesondere sollen Schadstoffbildung bei erhöhtem Druck, wie sie für Gasturbinen typisch ist, ebenfalls untersucht werden. Darüber hinaus soll die Verbrennungseffizienz wasserstoffhaltiger Brennstoffe (Ausbrand) analysiert werden, um molekularen Wasserstoff und Ammoniak im Abgas zu vermeiden. Aufgrund der hohen Komplexität und der großen Anzahl von Einflussparametern und um gleichzeitig stabile, sichere und emissionsarme Verbrennungsprozesse zu gewährleisten, erfordert die Analyse und Modellierung auf Systemebene Beiträge aus allen anderen RFs.
RF7: Topologische Optimierung und inverser Brennerentwurf
Ziel von RF7 ist es, topologisch optimierte Brennerkonfigurationen und -entwürfe für einen optimierten Betriebszustand unter Berücksichtigung kombinierter reaktiver Strömungs- und Wärmeübertragungsprobleme zu erforschen, um die Entwicklung neuer flexibler Verbrennungssysteme für Wasserstoff und Ammoniak zu ermöglichen. Die Modellierung sollte hier invers erfolgen, d.h. automatisiert auf der Grundlage validierter numerischer Modelle aus RF4, RF5 und RF6, um anschließend algorithmusbasierte inverse Simulationsmethoden zur Erstellung von Brennerdesigns zu generieren. Insbesondere die komplexen Wechselwirkungen von turbulenten Strömungen und chemischer Reaktionskinetik sowie die Instabilitätseffekte aus RF3 müssen in vereinfachten Modellen berücksichtigt werden, die für die inverse Modellierung geeignet sind. Eine besondere Bedeutung kommt der rauen Oberfläche von AM-Komponenten zu, die einen Einfluss auf die Strömungsdynamik hat. Darüber hinaus können die in RF1 generierten Daten auch direkt zur Gestaltung neuer Verbrennungskonzepte verwendet werden. RF7 interagiert auch mit RF8 für hochtemperaturbeständige Materialien und Beschichtungsanforderungen sowie mit RF9 für die Sensorintegration.
RF8: Hochtemperaturbeständige Materialien und Beschichtungsanforderungen
Ziel von RF8 ist es, neue Konzepte zu entwickeln, die die Verarbeitung hochtemperaturbeständiger Materialien ermöglichen. Ideen in der Testphase, wie z.B. Vorheizen mit flachen Infrarotstrahlern (z.B. VCSEL) oder mit Hilfe eines (zusätzlichen) Laserstrahls zur Reduzierung des Temperaturgradienten und damit zur Verhinderung von Rissbildung, sollen untersucht werden. Darüber hinaus sollten Simulationen der Erstarrungsbedingungen und der Wärmebilanzen eine Abschätzung von Spannungen und Bauteilverzug ermöglichen, um sie auszugleichen oder durch geeigneten Einsatz von Vorheizkonzepten zu vermeiden. Wärmebarrierebeschichtungen (TBC) können während der Herstellung von Komponenten direkt mit AM über graduierte Strukturen aufgebracht werden, um die Brenner vor den hohen Temperaturen der Brennkammer zu schützen. Die Verarbeitung von TBCs und die kohärente Verbindung in additiven Mehrmaterialprozessen erfordern weitere Entwicklungen, insbesondere in den gewünschten komplexen Geometrien in RF6 und RF7. In diesem RF besteht auch die Möglichkeit, auf SPP2122 “Materialien für AM” aufzubauen, um die Materialentwicklung für Hochtemperaturanwendungen voranzutreiben.
RF9: Messtechnik mit Sensorintegration
Ziel von RF9 ist es, verschiedene Entwicklungen bei der Sensorintegration voranzutreiben, um eine erfolgreiche Integration (in RF7) und später Funktionalität der Sensoren sicherzustellen. Diese dienen nicht nur zur besseren experimentellen Untersuchung von Brennern und Flammendynamik in RF1, RF3 und RF5, sondern ermöglichen auch die Echtzeitüberwachung des Brenners im Betrieb und die adaptive Prozesssteuerung, z.B. in RF6. Neben der Integration bestehender Sensortechnologie sollten insbesondere Multimaterialsysteme verwendet werden, die verschiedene Herstellungstechniken kombinieren, wie z.B. die Integration von keramischen Sensoren direkt in AM-Komponenten. Durch die Integration von RF9 mit RF7 können die Daten auch für eine verbesserte invers-basierte Brennermodellierung verwendet werden. Darüber hinaus ermöglichen die Sensoren aus RF9 auch die Optimierung des additiven Herstellungsprozesses, indem sie Rückmeldungen in Echtzeit liefern und so eine verbesserte Fertigung und Überwachung ermöglichen.